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CO2-Kompensation: Gut fürs Gewissen, aber für die Umwelt …
Die CO2-Kompensation ist ein wichtiges Instrument, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Ausgehend vom Verursacherprinzip...

Die CO2-Kompensation ist ein wichtiges Instrument, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Ausgehend vom Verursacherprinzip sollen durch Kompensationszahlungen an zusätzliche Klimaschutzprojekte bisher noch nicht vermeidbare CO2-Emissionen ausgeglichen werden. Klingt theoretisch gut. Ein Blick hinter die Kulissen des Kompensationszertifikate-Marktes offenbart allerdings das Gegenteil: CO2-Kompensation scheint vornehmlich dafür gut zu sein, das eigene Gewissen zu beruhigen und das Unternehmensimage aufzupolieren. Ein kritischer Blick bei der Auswahl des Anbieters lohnt sich.
Kritik am Zertifikate-Markt
Die Kritik am Zertifikate-Markt ist nicht neu, sie wird allerdings durch Analysen und Erkenntnisse immer lauter. Im Wesentlichen gibt es folgende Kritikpunkte:
- Der Markt ist uneinheitlich und intransparent.
- Die versprochenen Emissionsminderungen beruhen auf unsicheren Schätzungen.
- Auch Projekte, die ohnehin realisiert worden wären, verkaufen Zertifikate.
- Kompensation wird genutzt, um das Gewissen zu beruhigen – Vermeidung von Handlungen, die CO2-Emissionen verursachen, tritt in den Hintergrund.
- Der Preis für eine Tonne CO2 wird zu gering angesetzt.
Ein internationales Team mit deutscher Beteiligung führte eine umfangreiche Analyse durch und kam zu dem Ergebnis, dass nur etwa 16 % der weltweit ausgestellten Zertifikate aus real verringerten Emissionen resultieren (vgl. 11/2024 Fachjournal Nature Communications). Das bedeutet, dass die tatsächlichen CO2-Einsparungen wesentlich geringer sind, als von den Projektverantwortlichen der Kompensationsprojekte geschätzt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch bereits die Untersuchung der Carbon Credit Quality Initiative (CCQI) von WWF, Environmental Defense Fund und Öko-Institut im Januar 2023.
Darum sind die Einsparungen häufig geringer als angenommen
Die Fehleinschätzung kann unter anderem damit begründet werden, dass die Effizienz der Projekte unter Laborbedingungen berechnet wird. Außerdem werden Risiken außer Acht gelassen. Nehmen wir Aufforstungsprojekte als Beispiel, denn Bäume zu pflanzen scheint besonders attraktiv für die Nutzer und Nutzerinnen der Zertifikate zu sein.
Ein Wald, der unter dem Aspekt der CO2-Kompensation aufgeforstet oder geschaffen wird, unterliegt dem Risiko von Waldbränden, Stürmen oder Schädlingsbefall. Treten diese ein, ist sämtliche Klimaschutzwirkung verloren – die Emissionen, die vermeintlich kompensiert worden wären, sind allerdings anderweitig entstanden.
Außerdem bestehen erhebliche Zweifel an den rechtmäßigen Voraussetzungen einiger Kompensationsprojekte. Zertifikate sollen für Projekte ausgestellt werden, die die Umwelt zusätzlich zu ohnehin geplanten Maßnahmen schützen. Dadurch geraten Wind- und Solarenergieprojekte in die Kritik, denn diese sind mittlerweile wirtschaftlich rentabel und würden vermutlich ohnehin gebaut werden.
Das kostet eine Tonne CO2 wirklich
Ein weiterer Aspekt, der das Prinzip der Kompensation ad absurdum führt, ist die Tatsache, dass der CO2-Preis zu gering angesetzt wird. Häufig wird in den Projekten mit 25 Euro pro Tonne CO2 kalkuliert. Tatsächlich sind die Kosten erheblich höher. Allein die Schäden, die eine Tonne CO2 direkt verursacht, belaufen sich gemäß Bundesumweltamt derzeit auf 300 Euro. Wenn man auch die gesellschaftlichen Kosten der zukünftigen Generationen einbezieht, beträgt der Preis sogar 880 Euro pro Tonne CO2.
Zum Vergleich: Die Bundesregierung hat im Januar 2025 den CO2-Preis auf 55 Euro pro Tonne CO2 angehoben.
Wie sinnvoll ist das Instrument der Kompensation?
Was in der Theorie gut gedacht war, beweist sich in der Praxis leider als schlecht gemacht. Es fehlt an verbindlichen Standards. Viele Zertifikate sind im Prinzip wertlos, da sie keine positive Wirkung für das Klima haben. Trotzdem verbinden viele Menschen mit der Kompensation etwas Wertvolles und Sinnvolles für den Umweltschutz – und das könnte sie auch sein, wenn das Prinzip „Vermeidung vor Kompensation“ stärker betont wird und die Qualität in den Fokus rückt. Wenn Kompensation dann mit dem richtigen Projekt. Überprüfen Sie daher die Zertifizierungen der Angebote. Werden Klimaprojekte durch mehr als einen Standard zertifiziert, schneiden sie üblicherweise besser ab. Unter den Einzelstandards gilt der Gold Standard als am strengsten.
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay