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E-Autos als Stromspeicher: Deutschland ebnet Weg für bidirektionales Laden

Der Bundestag hat im November 2025 die Weichen für das bidirektionale Laden (Vehicle-to-Grid) von Elektroautos gestellt, da doppelte Netzentgelte entfallen.

Der Bundestag hat im November 2025 die Weichen für das bidirektionale Laden (Vehicle-to-Grid) von Elektroautos gestellt, da doppelte Netzentgelte entfallen. Diese Entscheidung könnte die Rolle von E-Fahrzeugen bei der Energiewende grundlegend verändern. E-Autos wandeln sich vom Stromverbraucher zum flexiblen Energiespeicher auf vier Rädern.

Das Ende der doppelten Abgaben

Beim bidirektionalen Laden kann der Strom in beide Richtungen fließen. Das bedeutet, dass das E-Auto nicht nur geladen werden kann, sondern dass gespeicherte Energie aus der Batterie auch zurück ins Stromnetz, ins eigene Haus oder an andere Geräte abgegeben werden kann. Bisher scheiterte das Konzept an einer wirtschaftlichen Hürde. Wer Strom aus seiner Autobatterie zurück ins Netz speiste, musste dafür zweimal Netzentgelte zahlen – einmal beim Laden und ein weiteres Mal beim Rückspeisen. Diese Doppelbelastung machte das bidirektionale Laden finanziell unattraktiv. Mit der Novelle des Energiewirtschafts- und Stromsteuergesetzes hat der Bundestag diese Ungleichbehandlung nun beendet. Ab dem 1. Januar 2026 werden Elektroautos regulatorisch wie klassische Stromspeicher behandelt.

Enormes Speicherpotenzial auf deutschen Straßen

Anstatt in neue Gaskraftwerke zu investieren, um Stromschwankungen aus erneuerbaren Energien auszugleichen, können dank dieser Gesetzesänderung endlich bereits vorhandene Speicherkapazitäten genutzt werden. Die Zahlen verdeutlichen das Potenzial für die Energiewende:
·         Es gibt derzeit über 1,65 Millionen zugelassene Elektroautos in Deutschland
·         Daraus ergibt sich ein potenzielles dezentrales Speichervermögen von 3,3 bis 5 Gigawattstunden.
·         Das entspricht einer flexiblen Leistung von bis zu 1,5 Gigawatt. Dies ist vergleichbar mit einem konventionellen Großkraftwerk.
E-Autos würden damit zu einem wichtigen Pfeiler für die Integration erneuerbarer Energien, indem sie überschüssigen Solar- oder Windstrom aufnehmen und bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen.

Automobilindustrie sieht Chancen – mit Einschränkungen

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüßt die Entscheidung grundsätzlich. Alle deutschen Hersteller bieten mittlerweile bidirektionale E-Fahrzeuge an, über 20 Modelle sind bereits für das Rückspeisen vorbereitet. Kritisiert wird jedoch, dass die stromsteuerliche Entlastung zunächst nur für Nutzer mit eigener Photovoltaikanlage gilt. Der Finanzausschuss des Bundestages hat bereits weitere Vereinfachungen im Stromsteuerrecht empfohlen, die zeitnah umgesetzt werden sollen.

Der Weg in die Praxis braucht Zeit

Die gesetzlichen Weichen sind gestellt, doch bis bidirektionales Laden flächendeckend funktioniert, sind noch technische Anpassungen nötig. Ab April 2026 folgen neue Marktregeln der Bundesnetzagentur zur Bilanzierung von Stromspeichern. Anschließend benötigen die Netzbetreiber etwa sechs bis zwölf Monate für die Systemanpassung. Parallel dazu muss der Ausbau intelligenter Stromzähler (Smart Meter) beschleunigt werden, die für die technische Umsetzung unverzichtbar sind.

Unser Fazit

Die Gesetzesänderung ist mehr als nur ein bürokratischer Akt. Sie markiert einen Paradigmenwechsel in der Elektromobilität. Das Auto wird vom Verbraucher zum aktiven Teil der Energieinfrastruktur. Für Besitzer von Elektroautos eröffnen sich neue Einsparmöglichkeiten, und das Stromnetz erhält dringend benötigte Flexibilität für den Ausbau erneuerbarer Energien – und zwar ohne auf fossile Energieträger zurückgreifen zu müssen. Deutschland hat damit einen wichtigen Schritt gemacht. Hoffen wir, dass zeitnah weitere folgen.
 
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